Nordatlantikvertrag

vom 4. April 1949

in Kraft getreten am 24. August 1949

Beitritt
Griechenlands und der Türkei
durch Protokoll vom 17. Oktober 1951 (BGBl. 1955 II. S. 293) mit Wirkung vom 18. Februar 1952
Deutschlands
durch Protokoll vom 23. Oktober 1954 mit Wirkung vom 6. Mai 1955 (BGBl. II. S. 630)
Spaniens
durch Protokoll vom 10. Dezember 1981 (BGBl. 1982 II. S. 399) mit Wirkung vom 30. Mai 1982 (BGBl. II. S. 749)
Polens, Tschechiens und Ungarns
durch Protokolle vom 16. Dezember 1997 (BGBl. 1998 II. S. 362; 1999 II. S. 26) mit Wirkung vom 16. März 1999
Bulgariens, Estlands, Lettlands, Litauens, Rumäniens, der Slowakei und Sloweniens
durch Protokolle vom 26. März 2003 (BGBl. II. S. 1386), mit Wirkung vom 29. März 2004

geändert durch
Protokoll vom 17. Oktober 1951 (BGBl. 1955 II. S. 293)
Beschluss des Nordatlantikrates vom 16. Januar 1963

siehe auch www.nato.int

Präambel

Die vertragschließenden Staaten bestätigen ihren Glauben an die Ziele und Prinzipien der Charta der Vereinten Nationen und ihren Wunsch, mit allen Völkern und mit allen Regierungen in Frieden zu leben.

Sie sind entschlossen, die Freiheit, das gemeinsame Kulturerbe ihrer Völker, gegründet auf die Prinzipien der Demokratie, auf die Freiheit des einzelnen und die Grundsätze des Rechts, sicherzustellen.

Sie sind bestrebt, die Stabilität und Wohlfahrt im nordatlantischen Gebiet zu fördern.

Sie sind entschlossen, ihre Bemühungen um eine gemeinsame Verteidigung und um die Erhaltung von Frieden und Sicherheit zu vereinigen.

Daher sind sie übereingekommen, diesen Nordatlantikpakt zu schließen.

Artikel 1. Die vertragschließenden Staaten verpflichten sich, gemäß den Bestimmungen der Charta der Vereinten Nationen jeden internationalen Streitfall, an dem sie beteiligt sein mögen, durch friedliche Mittel in der Weise zu regeln, daß Frieden, Sicherheit und Gerechtigkeit unter den Völkern nicht gefährdet werden, und sich in ihren internationalen Beziehungen jeglicher Drohung oder Gewaltanwendung zu enthalten, die in irgendeiner Weise mit den Zielen der Vereinten Nationen nicht vereinbar ist.

Artikel 2. Durch Stärkung ihrer freien Institutionen, Herbeiführung eines besseren Verständnisses für die diesen Institutionen zugrunde liegenden Prinzipien und durch Förderung der Voraussetzungen für Stabilität und Wohlfahrt werden die vertragschließenden Staaten zu einer weiteren Entwicklung friedlicher und freundschaftlicher internationaler Beziehungen beitragen. Sie werden bestrebt sein, Konflikte in ihrer internationalen Wirtschaftspolitik zu beseitigen, und werden die wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen einzelnen oder allen Vertragsstaaten fördern.

Artikel 3. Um die Ziele dieses Vertrages nachhaltiger zu verwirklichen, werden die vertragschließenden Staaten einzeln und gemeinsam durch ständige, wirksame Selbsthilfe und gegenseitige Unterstützung die Kraft des einzelnen Staates und der Gesamtheit der Staaten, einem bewaffneten Angriff Widerstand zu leisten, aufrechterhalten und entwickeln.

Artikel 4. Die vertragschließenden Staaten werden in Beratungen miteinander eintreten, wenn nach der Meinung eines von ihnen die Unversehrtheit des Gebietes, die politische Unabhängigkeit oder die Sicherheit irgendeines der vertragschließenden Staaten bedroht ist.

Artikel 5. Die vertragschließenden Staaten sind darüber einig, daß ein bewaffneter Angriff gegen einen oder mehrere von ihnen in Europa oder Nordamerika als ein Angriff gegen sie alle betrachtet werden wird, und infolgedessen kommen sie überein, daß im Falle eines solchen bewaffneten Angriffs jeder von ihnen in Ausübung des in Artikel 51 der Charta der Vereinten Nationen anerkannten Rechts zur persönlichen oder gemeinsamen Selbstverteidigung den Vertragsstaat oder die Vertragsstaaten, die angegriffen werden, unterstützen wird, indem jeder von ihnen für sich und im Zusammenwirken mit den anderen Vertragsstaaten diejenigen Maßnahmen unter Einschluß der Verwendung bewaffneter Kräfte ergreift, die er für notwendig erachtet, um die Sicherheit des nordatlantischen Gebietes wiederherzustellen und aufrechtzuerhalten.

Jeder derartige bewaffnete Angriff und alle als dessen Ergebnis ergriffenen Maßnahmen sollen dem Sicherheitsrat unverzüglich gemeldet werden. Diese Maßnahmen sind zu beenden, sobald der Sicherheitsrat die zur Wiederherstellung und Aufrechterhaltung des Völkerfriedens und der internationalen Sicherheit notwendigen Maßnahmen getroffen hat.

Artikel 6. Als ein bewaffneter Angriff auf einen oder mehrere der vertragschließenden Staaten im Sinne des Artikels 5 gilt ein bewaffneter Angriff auf das Gebiet irgendeines dieser Staaten in Europa oder Nordamerika, auf die algerischen Departements Frankreichs, auf die Besatzungen, die irgendein Vertragsstaat in Europa unterhält, auf die der Gebietshoheit eines Vertragsstaates unterliegenden Inseln im nordatlantischen Gebiet nördlich des Wendekreises des Krebses oder auf die Schiffe und Flugzeuge irgendeines Vertragsstaates innerhalb dieses Gebietes.

Durch Art. 2 des Protokolls vom 17. Oktober 1951 erhielt der Artikel 6 mit Wirkung vom 18. Februar 1952 folgende Fassung:
"Artikel 6. Im Sinne des Artikels 5 gilt als bewaffneter Angriff auf eine oder mehrere der Parteien jeder bewaffnete Angriff
(i) auf das Gebiet eines dieser Staaten in Europa oder Nordamerika, auf die algerischen Departements Frankreichs, auf das Gebiet der Türkei oder auf die der Gebietshoheit einer der Parteien unterliegenden Inseln im nordatlantischen Gebiet nördlich des Wendekreises des Krebses befinden.
(ii) auf die Streitkräfte, Schiffe oder Flugzeuge einer der Parteien, wenn sie sich in oder über diesen Gebieten oder irgendeinem anderen europäischen Gebiet, in dem eine der Parteien bei Inkrafttreten des Vertrags eine Besatzung unterhält, oder wenn sie sich im Mittelmeer oder im nordatlantischen Gebiet nördlich des Wendekreises des Krebses befindet."

Durch Beschluss des Nordatlantikrates vom 16. Januar 1963 wurden im Artikel 6 (i) die Worte "auf die algerischen Departements Frankreichs," mit Wirkung vom 3. Juli 1962 für gegenstandslos erklärt.

hinsichtlich Deutschlands ist interessant, dass bereits mit dem Inkrafttreten des Vertrags am 24. August 1949 die drei Westzonen Deutschlands sowie die Westsektoren Berlins Teil des NATO-Verteidigungsgebiets waren; bzgl. der Westzonen Deutschlands wurde diese Art der Zugehörigkeit durch eine Vollmitgliedschaft der Bundesrepublik Deutschland mit Wirkung vom 6. Mai 1955 geändert, während die drei Westsektoren Berlins bis zum 2. Oktober 1990 auf diese besondere Art Teil des NATO-Verteidigungsgebietes waren.

Artikel 7. Dieser Vertrag berührt in keiner Weise die sich aus der Charta ergebenden Rechte und Verpflichtungen der Vertragsstaaten, die Mitglieder der Vereinten Nationen sind, oder die in erster Linie bestehende Verantwortlichkeit des Sicherheitsrates für die Aufrechterhaltung von Frieden und Sicherheit unter den Völkern. Er darf auch nicht dahin ausgelegt werden, daß er in irgendeiner Weise solche Rechte, Verbindlichkeiten und Verantwortlichkeiten berühre.

Artikel 8. Jeder vertragschließende Staat erklärt hiermit, daß keine von den internationalen Verbindlichkeiten, die zur Zeit zwischen ihm und einem anderen Vertragsstaat oder irgendeinem dritten Staat in Kraft sind, in Widerspruch zu den Bestimmungen dieses Vertrages steht, und verpflichtet sich, auch in Zukunft in keine internationale Verbindlichkeit einzutreten, die im Widerspruch zu dem Vertrag steht.

Artikel 9. Die vertragschließenden Staaten errichten hiermit einen Rat, in dem jeder von ihnen vertreten sein wird, zu dem Zwecke der Erörterung von Gegenständen, welche die Ausführung dieses Vertrages betreffen. Die Organisation des Rates wird so gestaltet werden, daß er in der Lage ist, jederzeit unverzüglich zusammenzutreten. Soweit notwendig, wird der Rat Hilfsorgane ins Leben rufen, insbesondere wird er sofort einen Verteidigungsausschuß zur Empfehlung von Maßnahmen für die Ausführung der Artikel 3 und 5 errichten.

Artikel 10. Die vertragschließenden Staaten können auf Grund eines einstimmig getroffenen Übereinkommens jeden anderen europäischen Staat, der in der Lage ist, die Grundsätze dieses Vertrages zu fördern und zur Sicherheit des nordatlantischen Gebietes beizutragen, zum Beitritt zu diesem Vertrage einladen. Jeder auf diese Weise eingeladene Staat kann durch Niederlegung seiner Beitrittserklärung bei der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika ein Partner dieses Vertrages werden. Die Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika wird jedem der vertragschließenden Staaten die Niederlegung einer solcher Beitrittserklärung mitteilen.

Artikel 11. Dieser Vertrag soll von den vertragschließenden Staaten gemäß dem für sie geltenden verfassungsmäßigen Verfahren ratifiziert und durchgeführt werden. Die Ratifizierungsurkunden werden so bald wie möglich bei der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika niedergelegt werden, die alle anderen Unterzeichnerstaaten von jeder Hinterlegung benachrichtigen wird. Der Vertrag tritt zwischen den Staaten, die ihn ratifiziert haben, in Kraft, sobald die Ratifizierungsurkunden der Mehrheit der Unterzeichnermächte - einschließlich Belgiens, Kanadas, Frankreichs, Luxemburgs, der Niederlande, des Vereinigten Königreichs und der Vereinigten Staaten - niedergelegt sind. In bezug auf andere Staaten tritt er an dem Tage der Niederlegung ihrer Ratifizierungsurkunden in Kraft.

Artikel 12. Nach zehnjähriger Gültigkeitsdauer des Vertrages und zu jedem späteren Zeitpunkt werden die vertragschließenden Staaten auf das Verlangen eines von ihnen miteinander in eine Beratung über die Abänderung des Vertrages eintreten und hierbei die Faktoren berücksichtigen, die alsdann von Einfluß auf den Frieden und die Sicherheit im nordatlantischen Gebiet sein werden, unter Einschluß der Entwicklung allgemeiner und gebietsmäßig beschränkter Abkommen zur Aufrechterhaltung von Frieden und Sicherheit unter den Völkern im Rahmen der Charta der Vereinten Nationen.

Artikel 13. Nach zwanzigjähriger Gültigkeitsdauer des Vertrages kann jeder vertragschließende Staat aus dem Verhältnis ausscheiden, und zwar ein Jahr nach Erklärung seiner Kündigung gegenüber der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika, die den Regierungen der anderen vertragschließenden Staaten die Niederlegung jeder Kündigungserklärung mitteilen wird.

Artikel 14. Dieser Vertrag, dessen englischer und dessen französischer Wortlaut in gleicher Weise maßgebend sind, wird in den Archiven der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika niedergelegt werden. Amtlich beglaubigte Abschriften dieser Urkunden werden von dieser Regierung den Regierungen der anderen Unterzeichner übermittelt werden.

    Zu Urkund dessen haben die unterzeichneten Bevollmächtigen diesen Vertrag unterzeichnet.

    Gegeben in Washington, am 4. April 1949.

Für das
KÖNIGREICH BELGIEN
P. H. Spaak
Silcercruys

Für KANADA
Lester B. Pearson
H. H. Wrong

Für das
KÖNIGREICH DÄNEMARK
Gustav Rasmussen
Henrik Kauffmann

Für FRANKREICH
Schuman
Bonnet

Für ISLAND
Bjorn Bonediktsson
Thor Thors

Für ITALIEN
Sforza
Alberto Tarchiani

Für das
GROSSHERZOGTUM LUXEMBURG
Jos. Bech
Hugues Le Gallais

Für das
KÖNIGREICH DER NIEDERLANDE
D. U. Stikker
E. N. von Kleffens

Für das
KÖNIGREICH NORWEGEN
Halvard M. Lange
Wilhelm Munthe Morgenstierne

Für PORTUGAL
José Caeiro da Matta
Pedro Theotónio Pereira

Für das
VEREINIGTE KÖNIGREICH VON GROSSBRITANNIEN UND NORDIRLAND
Ernest Bevin
Oliver Franks

Für die
VEREINIGTEN STAATEN VON AMERIKA
Dean Acheson

Im Rahmen des vorstehenden Vertrages wurden viele ergänzende und ausführende Verträge und Abkommen zwischen den Mitgliedstaaten geschlossen, so z. B.
- Abkommen zwischen den Parteien des Nordatlantikvertrags über die Rechtsstellung ihrer Truppen (NATO-Truppenstatut) vom 19. Juni 1951 (BGBl. 1961 II. S. 1190)
    - Zusatzabkommen vom 3. August 1959 (BGBl. 1961 II. S. 1183)
- Übereinkommen vom 20. September 1951 über den Status der Nordatlantikvertrags-Organisation, der nationalen Vertreter und des internationalen Personals  (BGBl. 1958 II. S. 117)
- Vereinbarungen zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und den Regierungen der Vereinigten Staaten von Amerika, des Vereinigten Königreichs, der Republik Frankreich und des Königreichs Dänemark vom 7. Juni 1957 sowie des Königreichs Belgien vom 9. Juli 1957 und des Königreichs der Niederlande vom 10. Juli 1957 über gegenseitige Hilfe gemäß
Artikel 3 des Nordatlantikvertrages  (BGBl. 1959 II. S. 409)
- Vereinbarung vom 3. Oktober 1958 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung des Vereinigten Königreichs über eine Devisenhilfe an Großbritannien (Artikel 3 des Nordatlantikvertrages) (BGBl. 1959
II. S. 544)
- Abkommen vom 15. April 1982 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika über Unterstützung durch den Aufnahmestaat in Krise oder Krieg (BGBl. 1
982 II. S. 450)
- Abkommen vom 13. Dezember 1983 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland über Unterstützung durch den Aufnahmestaat in Krise oder Krieg
(BGBl. 1989 II. S. 759)
- Abkommen vom 9. Juni 1989 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung von Kanada über Unterstützung durch den Aufnahmestaat in Krise oder Krieg
(BGBl. 1989 II.  S. 755)
- Vereinbarung vom 14. September 1994 über die Rechtsstellung von Missionen und Vertretern von Drittstaaten bei der Nordatlantikvertrags-Organisation (BGBl. 1997
II. S. 1425)
- Übereinkommen vom 6. März 1997 zwischen den Parteien des Nordatlantikvertrags über den Geheimschutz
 (BGBl. 2001 II. S.
133).


Quellen: Sartorius II. Internationale Verträge, Europarecht, C.H.Beck-Verlag
Die staatliche Neuordnung Deutschland, 26. Band, Dokumentenverlag Berlin 1976
Berber, Völkerrecht - Dokumentensammlung, Beck 1967

© 3. Juni 2004
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