Das Friedens-Traktat zwischen Se. Maj. dem König von Sachsen und Se. Maj. dem König von Preußen.

abgeschlossen in Wien am 18. Mai 1815

Im Nahmen der allerheiligsten Dreyeinigkeit !

Seine Majestät der König von Sachsen einerseits und Seine Majestät der König von Preußen andererseits, beseelt von dem Verlangen, die Bande der Freundschaft  und des guten Einveständnisses, welche zwischen Ihren beiderseitigen Staaten so glücklich bestanden haben, zu erneuern, und angelegentlich bemüht, zur Wiederherstellung der Ordnung und der Ruhe in Eurpa durch Vollziehung der auf dem Wiener Kongreß stipulierten Gebietsausgleichungen beizutragen, haben Bevollmächtigte ernannt, um ein Friedens- und Freindschaftstraktat zu verhandeln, abzuschließen und zu unterzeichnen:

Se. Maj. der König von Preußen
     den Fürsten Hardenberg, Seinen Staatskanzler, ...
     den Herrn Karl-Wilhelm Baron von Humboldt, ...

Se. Maj. der König von Sachsen
     den Herrn Friedrich Albert Graf von Schulenburg, Seinen Kammerherrn, Ritter des Ordens vom Heiligen Johan von Jerusalem und
    den Herrn Hans-August Fürchtegott von Globig, Seinen Kammerherrn, Rat im Justizhofe und persönlicher Adjudant

welche nach Auswechslung ihrer in guter und gehöriger Form befundenen Vollmachten über folgende Artikel übereingekommen sind:

 

 
Artikel 1. Zwischen Sr. Maj. dem Könige von Sachsen einerseits und Se. Maj. dem Könige von Preußen andererseits, Ihren Erben und Nachfolgern, Ihren beiderseitigen Staaten und Unterthanen, soll von dem heutigen Tage an für immer Friede und Freundschaft sein.
 
 
Artikel 2. Se. Maj. der König von Sachsen entsagen auf ewige Zeiten, für Sich und alle Ihre Nachkommen und Nachfolger, zugunsten Se. Maj. des Königs von Preußen allen Ihren Rechten und Ansprüchen auf die hiernächst angegebenen Provinzen, Districte und Gebiete oder Gebietstheile des Königreichs Sachsen, und Se. Maj. der König von Preußen werden diese Länder in aller Souveränität und mit allem Eigentumsrecht besitzen und dieselben mit Ihrer Monarchie vereinigen. Die dergestalt abgetretenen Districte und Gebiethe werden von dem übrigen Königreiche Sachsen durch eine Linie getrennt werden, welche fernerhin die Grenze zwischen den beiden Gebiethen von Sachsen und Preußen bilden wird, so daß alles, was innerhalb der durch diese Linie gebildeten Abgrenzung begriffen ist, an Se. Maj. den König von Sachsen zurückfällt und daß dagegen des Königs von Sachsen Majestät auf alle Distrikte und Gebiete Verzicht leisten, welche außerhalb dieser Linie liegen und Ihnen vor dem Kriege gehört haben möchten.

Diese Linie wird anheben von der böhmischen Grenze bei Wiese in der Gegend von Seidenberg, indem sie daselbst dem Flußbette des Baches Wittich bis zu einem Einflusse in die Neiße folgt.

Von der Neiße wird sie sich an den Eigenschen Kreis wenden, indem sie zwischen Trauchritz, das an Preußen kommt, und Bertschoff, das Sachsen behält, durchgeht; sodann wird sie der nördlichen Grenze des Eigenschen Kreises folgen bis zu dem Winkel zwischen Paulsdorf und Ober-Sohland; von da wird sie weitergehn bis zur Grenze, welche den Görlitzer Kreis von dem Bautzener Kreise trennt, so daß Ober-, Mittel- und Nieder-Sohland, Olisch und Radewitz bei Sachsen verbleiben.

Die große Poststraße zwischen Görlitz und Bautzen wird bis an die Grenze der beiden genannten Kreise preußisch sein. Sodann wird die Linie der Grenze des Kreises folgen bis Dubrauke, hierauf sich über die Höhen zur Rechten des Löbauer Wassers ziehen, so daß dieser Bach mit seinen beiden Ufern und den daran gelegenen Ortschaften bis Neudorf, mit Einschluß dieses Dorfes selbst, bei Sachsen verbleiben.

Diese Linie wendet sich hierauf über die Spree und das Schwarz-Wasser; Liska, Hermsdorf, Ketten und Solchdorf werden preußisch.

Von der Schwarzen Elster bei Solchdorf wird man eine gerade Linie ziehen bis zur Grenze der Herrschaft Königsbrück bei Groß-Gräbchen. Diese Herrschaft verbleibt bei Sachsen, und die Linie folgt der nördlichen grenze dieser Herrschaft bis zur Grenze des Amts Großenhain in der Gegend von Ortrand und die Straße von diesem Orte über Märzdorf, Stolzenhain und Gröbeln nach Mühlberg mit allen Ortschaften, durch welche diese Straße geht, gelangen dergestalt an Preußen, daß kein Teil der genannten Straße außerhalb des preußischen Gebieths bleibt. Von Gröbeln an wird die Grenze bis zur Elbe bei Fichtenberg gezogen werden und der des Amtes Mühlberg folgen. Fichtenberg wird preußisch.

Von der Elbe bis zur Grenze des Stiftes Merseburg wird die Linie auf die Weise bestimmt werdne, daß die Ämter Torgau, Eilenburg und Delitzsch preußisch werden, die Ämter Oschatz, Wurzen und Leipzig hingegen bei Sachsen verbleiben. Die Linie wird den grenzen dieser Ämter folgen, indem sie jedoch einige Enklaven und halbe Enklaven abschneidet. Die Straße von Mühlberg nach Eilenburg wird ganz auf dem preußischen Gebiethe sein.

Von Podelwitz, welches zu dem Amte Leipzig gehört und bei Sachsen verbleibt, bis nach Eythra, welches diesem ebenfalls verbleibt, wird die Linie das Stift Merseburg dergestalt durchschneiden, daß Breitenfeld, Hänischen, Groß- und Klein-Dolzig, Markranstädt und Knaut-Nauendorf bei Sachsen verbleiben, Modelwitz, Skeuditz, Klein-Liebenau, Altranstädt, Schkölen und Zietschen an Preußen fallen.

Von da an wird die Linie das Amt Pegau zwischen dem Floßgraben und der Weißen Elster durchschneiden. Der erstere wird von dem Punkte an, wo er sich unterhalb der Stadt Crossen, die zu dem Amte Haynsburg gehört, von der Weißen Elster trennt, bis zu dem Punkte, wo er sich unterhalb der Stadt Merseburg mit der Saale vereinigt, in seinem ganzen Laufe zwischen diesen beiden Städten und mit seinen beiden Ufern zu dem preußischen Gebiethe gehören.

Von da, wo die Grenze an die des Stiftes Zeitz stößt, wird sie dieser folgen bis zu der altenburgischen Grenze bei Luckau.

Die Grenzen des Neustädter Kreises, der ganz an Preußen übergeht, bleiben unverändert.

Die vogtländischen Enklaven im Reußischen, nähmlich Gefäll, Blintendorf, Sparenberg udn Blankenberg, sind in dem Anteile Preußens mit begriffen.
 

 
Artikel 3. Um alle Verletzungen des Privateigenthums zu vermeiden und nach den liberalsten Grundsätzen die Besitzungen der auf den grenzen wohnhaften Individuen sicherzustellen, sollen sowohl von Seiten Se. Maj. des Königs von Sachsen als auch von Seiten Se. Maj. des Königs von Preußen Kommissarien ernannt werden, um gemeinschaftlich die Abgrenzung der Länder vorzunehmen, welche durch die Bestimmungen des gegenwärtigen Vertrags ihren Souverän verändern.

Sobald die Arbeit der Kommissarien beendigt und von den beiden Souveräns genehmigt sein wird, sollen Karten entworfen und von den beiderseitigen Kommissarien unterzeichnet, ingleichen Grenzpfähle aufgerichtet werden, welche die gegenseitige Grenze bestimmt bezeichnen.
 

 
Artikel 4. Die Provinzen und Districte des Königreichs Sachsen, welche an Se. Maj. den König von Preußen übergehn, werden den Namen Herzogthum Sachsen erhalten, und Se. Majestät werden zu Ihren Titeln die eines Herzogs von Sachsen, Landgrafen von Thüringen, Markgrafen der beiden Lausitzen und Grafen von Henneberg hinzufügen. Se. Maj. der König von Sachsen werden fortfahren, den Titel eines Markgrafen der Oberlausitz zu führen; Se. K. Maj. werden in Betreff und in Kraft Ihrer Rechte auf die eventuelle Erbfolge in die Besitzungen der ernestinischen Linie ebenfalls fortfahren, die Titel eines Landgrafen von Thüringen und Grafen von Henneberg zu führen.
 
 
Artikel 5. Se. Maj. der König von Preußen verpflichten Sich, binnen fünfzehn Tagen, vom Tage der Auswechselung der Ratifikationen des gegenwärtigen Traktats an gerechnet, die Provinzen, Districte und Gebiethe des Königreichs Sachsen, welche nicht zu Ihrer Monarchie übergehn, von Ihren Truppen räumen und die Verwaltung davon den Behörden Se. Maj. des Königs von Sachsen übergeben zu lassen.
 
 
Artikel 6. Artikel 6. On a'occupera immédiatement de tous les arrangemens qui sont une suite nécessaire et indispensabel de la cession des provinces et districts désignés dans l'article 2 à la Prusse, tels que ceux relatifs aux archives, dettes, Cassenbillets ou autres charges, tant de ces provinces que du royaume en général, aux caisses publiques, arrérages, nommément à ceux des impóts ordinaires et revenus domaniaux, échus pendant le temps de l'administration prussienne, aux biens des établissemens publics, religieux, civils ou militaires, à l'armée, Partillerie, aux provisions et munitions de guerre, aux rapports de féodalité et autrex objets de la méme nature.

Quant aux rapports de féodalité, S. de Roi de Prusse et S. M. le Roi de Sace, désirant d'écarter soigneusement tout objet de contestation ou de discussion futures, renoncent, chaucun de son eóté, et réciproquement, en faveur l'un de l'autre, à tout droit ou prétention de ce genre, qu'ils exercercient ou qu'ils auroient exercés au delá des frontières fixées par le présent traité.

L'exécution du présent article se fera d'un commun accord, eet par des commissaires nommés par les deux gouvernemens.
 

Artikel 7.
 
Artikel 7.
 
Artikel 8.
 
Artikel 8.
 
Artikel 9.
 
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Artikel 10.
 
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Artikel 11.
 
Artikel 11.
 
Artikel 12.
 
Artikel 12.
 
Artikel 13.
 
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Artikel 14.
 
Artikel 14.
 
Artikel 15.
 
Artikel 15.
 
Artikel 16.
 
Artikel 16.
 
Artikel 17.
 
Artikel 17.
 
Artikel 18.
 
Artikel 18.
 
Artikel 19.
 
Artikel 19.
 
Artikel 20.
 
Artikel 20.
 
Artikel 21.
 
Artikel 21.
 
Artikel 22. Se. Maj. der König von Sachsen entsagen auf ewige Zeiten, sowohl für Sich, Ihre Erben und Nachfolger als für die Prinzen Ihres Hauses, Ihre Erben und Nachfolger, jedem landesherrlichen und andern Anspruch, der vom Besitz des Herzothums Warschau herrühren könnte.

Se. Maj. erkennen die Souveränitätsrechte über dieses Land an, wie dieselben durch den Vertrag von Wien vom 21. April / 3. May dieses Jahres stipuliert worden, für die Provinzen, welche unter den Zepter Se. Ma. des Kaisers von Rußland mit dem Titel eines Könisg von Polen übergehn; für die Landestheile, welche auf dem rechten Weichselufer an Se. Majestät den Kaiser von Österreich zurückkehren, so wie für die Provinzen, welche Se. Maj. der König von Preußen unter dem Titel eines Großherzogthums Posen besitzen wird.
 

Artikel 22.
 
Artikel 23. Artikel 23. S. M. le Roi de Saxe s'engage à faire restituer fidèlement les archives, cartes, plans et autres documens quelconques, appartenans au duché de Varsovie. Cette restitution aura lieu dans un délai qui ne pourra point passer l'espace de six mois, à dater du jour de l'échange des ratifications du présent traité.
 
Artikel 24. Artikel 24. S. M. le Roi de Saxe est dégagée de toute responsabilité et charges quelconques, à l'égard de toutes les dettes contractées pour le duché de Carsovie, avec le concours du ministère des finances ou autres employés publics de ce pays, nommément de toute obligation à l'égard de la convention de Bayonne, qui est annullée, et de l'emprunt ouvert sur les salines de Wieliczka.

Quant aux 2,550,193 florins, reclamés pour avoir été versés par les caises saconnes dans celles du duché de Varsovie, comme par le traité signé le 21. avril / 3. mai entre la Prusse, l'Autriche et la Russie, il est stipulé qu'il seroit établi incessamment à Varsovie une commission de liquidation composée de commissaires russes, autrichiens et prussiens, et que les trois cours out investis cette commission des pouvoirs nécessaires pour connoitre de la dette extérieure et intérieure, et méme de leurs prétentions ou charges réciproques entre elles, cette réclamation suivra le méme monde; elle sera déférée à ladite commission, et il sera libre à S. M. le Roi de Saxe d'y accréditer de sa part un commissaire qui assistera à ses délibérations.
 

Artikel 25. Gegenwärtiger Tractat soll ratificirt, und die Ratificationen sollen innerhalb dreier Tage ausgewechselt werden, falls möglich auch früher.

Kraft dessen die respectiven Bevollmächtigten sie unterzeichnet und mit ihren Wappen besiegelt haben.

Artikel 25. Le présent traité sera ratifié, et les actes de ratification échangés, dans le terme de trois jours, ou plutót, si faire se peut.

Em foi de quoi les plénipotentiaires respectifs l'ont signé et muni du cachet de leurs armes.
 

    Geschehen zu Wien, den 18. May im Jahr der Gnade 1815.

unterzeichnet:

Fürst von Hardenberg
Baron Humboldt

Graf von Schulenburg
von Globig.

 

Dem Vertrag traten Österreich und Russland bei.


Quellen: Politische Gesetzsammlung des Kaisertums Österreich, Jahrgang 1814, S. 204
© 16. September  2009 - 17. September 2009
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